Wir haben uns einvernehmlich entschieden, uns zu trennen, und wissen nicht, wie wir es unseren Kindern, Mara (3) und Max (9), erklären sollen. Aus unserem Familien- und Freundschaftskreis bekommen wir die unterschiedlichsten, teilweise konträren Tipps. Mittlerweile sind wir ganz durcheinander, können Sie uns weiterhelfen?
Kinder brauchen Klarheit
In den meisten Fällen bekommen die Kinder mit, wenn es zwischen den Eltern Streit gibt. Sie kennen Gefühle wie Wut, Enttäuschung, Eifersucht und haben selbst schon erfahren, dass Zuneigung nicht immer gleich stark ist. Als Eltern können Sie also daran anknüpfen, wenn Sie den Kindern von Ihrer Entscheidung erzählen.
Vor diesem Gespräch brauchen Sie selbst Klarheit darüber, wie Sie sich Ihr Leben nach der Trennung vorstellen. Wer zieht aus, wer bleibt? Bei wem leben die Kinder? Wer fährt wann mit den Kindern in den Urlaub? Wo werden die Kinder Heiligabend verbringen? Wie soll der Kontakt zu anderen Familienmitgliedern gestaltet werden? Wird Ihre Schwiegermutter Ihre Kinder weiterhin bei Ihnen abholen dürfen?
Und eine der wichtigsten Fragen ist: Welches Betreuungsmodell ist für Sie und die Kinder das geeignetste? Können Sie sich ein Residenzmodell vorstellen? Hier leben die Kinder bei dem Elternteil, das sie in den vergangenen Jahren überwiegend betreut hat. Wie würden Sie in diesem Fall die Besuchskontakte regeln? Spontan oder akribisch durchgeplant?
Kommen Ihre Kinder auch mit einem Wechselmodell zurecht, nach welchem sie zwei Zuhause haben, diese aber im Wochen- oder Monatsrhythmus wechseln. Eventuell werden Sie die Kinder in dieser Zeit aber nicht sehen.
Oder bleiben die Kinder in ihrer vertrauten Umgebung, und Sie ziehen abwechselnd zu Ihnen. Das setzt voraus, dass Sie als Vater und Sie als Mutter zudem eine eigene Wohnung brauchen. Diese Lösung, auch Nestmodell genannt, ist meist kostspielig.
Wie Sie sehen, gibt es kein optimales Betreuungsmodell, und jede Entscheidung wirft neue Fragen auf. Mein Tipp: Machen Sie ein Fragen-Brainstorming und arbeiten Sie jede einzelne konstruktiv und lösungsorientiert ab.
Professionelle Hilfe verringert den Leidensdruck
Es ist sinnvoll sich, an dieser Stelle professionelle Hilfe zu suchen. Gerade in dieser Phase der Trennung, wenn alles noch unklar ist, Sie erst eine neue Routine und ein neues Miteinander finden müssen, ist es schwer, sachlich zu bleiben. Alte Verletzungen laden Sie immer wieder ein, die Sachebene zu verlassen, und in jene Kommunikationsmuster zu verfallen, die höchstwahrscheinlich Ihre jetzige Situation mit verursacht haben. Diese Wiederholungen verursachen viel Leid. Als allparteiische Beraterin weise ich Sie auf diese Muster hin, und wir suchen gemeinsam nach neuen Lösungswegen.
Denn erst wenn die wichtigsten Fragen geklärt sind und Sie gemeinsam vor Ihre Kinder, ohne in Streit zu geraten, treten können, ist der Zeitpunkt gekommen, um mit den Kinder über Ihre Trennung zu reden. So erleben Ihre Kinder von Anfang an, dass Sie als Eltern weiterhin zusammen wichtige Entscheidungen treffen. Dies ist besonders für die Zukunft wichtig. Denn wenn Trennungs-Kinder älter werden und sich mehr Freiräume wünschen, versuchen sie oft, diese durchzusetzen, indem sie ihre Eltern gegeneinander ausspielen.
Beziehen Sie Ihre Kinder mit ein
Viele Kinder haben bei einer Trennung praktische Fragen darüber, wie ihr Alltag aussehen wird. Sie möchten ganz genau wissen, was sich für sie ändert und was gleichbleibt. Wo werden Sie wohnen? Müssen Sie sich für einen Elternteil entscheiden? Werden sie weiterhin demselben Fußballverein angehören? Zur vertrauten Musikschule gehen? Oder müssen sie gar die Schule wechseln? Je älter die Kinder sind, desto mehr Mitentscheidungsrecht sollten Sie ihnen einräumen. Prüfen Sie immer, ob Sie ihre Ideen umsetzen können. Meist wünschen sie sich nur kleine Veränderungen. Gehen Sie darauf ein, dann fühlt sich Ihr Kind dem Geschehen gegenüber nicht so ausgesetzt!
Anfangs werden Sie noch nicht alle Fragen der Kinder beantworten können. Gehen Sie offen damit um. Es ist besser zuzugeben, dass Sie es selbst noch nicht wissen, als falsche Versprechen zu machen, die das Vertrauen Ihres Kindes zu Ihnen untergraben würde. Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass Sie dafür verantwortlich sind, Lösungen zu finden – und nicht die Kinder!
Gehen Sie altersgerecht vor
Mara ist noch klein und wird nicht so viele Informationen aufnehmen können wie Max. Vielleicht ist es ratsam, zu einem späteren Zeitpunkt nochmals allein mit Max zu reden und seine Fragen zu klären.
Je mehr Sie Ihrem Kind erklären, desto weniger wird es die Schuld für die Trennung bei sich selbst suchen. Besonders jüngere Kinder beziehen vieles, was in ihrer Umgebung geschieht, auf sich. Sie sehen Zusammenhänge, die gar nicht bestehen. Machen Sie von Anfang an klar, dass die Kinder nicht der Grund für den Streit der Eltern sind. Vielleicht fallen Ihnen Beispiele ein, als Max sich mit einem Freund gestritten hat, oder Sie greifen auf eine Geschichte in einem Kinderbuch zurück.
Trennungsgeschichten aus Büchern und Filmen helfen den Kindern ihren eigenen Kummer wahrzunehmen und ihn zu äußern. Für Mara und Max kämen die Bücher Wir bleiben Eure Eltern, auch wenn Mama und Papa sich trennen (von J. Volmert und S. Szesny) und Wir sind immer für Dich da (von H. Grundmann und M.A. Schulze) in Betracht.
Handeln Sie nach dem Grundsatz: Erst Klarheit schaffen, dann Kinder mit einbeziehen.
Tipps in Kürze
- Klären Sie alle wichtigen Fragen (Fragen-Brainstorming)
- Sprechen Sie dann erst mit Ihrem Kind
- Zeigen Sie ihm, was trotz der Veränderung gleichbleibt
- Beziehen Sie Ihr Kind bei der Lösungssuche mit ein
- Versichern Sie ihm, dass es keine Schuld an der Trennung hat